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Warum Veränderung Zeit braucht

Vor einiger Zeit erreichte mich der Hilferuf einer sehr gestressten Führungskraft. Ob man sich rasch treffen könnte, es hake im Leitungsteam. In der Region breche Geschäft weg und die Mitarbeiter würden vermehrt kündigen. Mein Ansprechpartner sah hier großen Handlungsbedarf und brauchte mich als Wegbegleiterin. Trotz der (für mich offensichtlichen) Ernsthaftigkeit der Lage ließ sich auf seiner Seite erst ein Termin in sechs Wochen finden.

Zum Gesprächstermin erschien ein gehetzt wirkender Manager, der sich direkt dafür entschuldigte, dass er nicht mehr als eine Stunde Zeit hat. Anstatt sofort die Herausforderung des Teams detailliert durchzugehen, besprach er meinen Lebenslauf mit mir, wobei ihm nach einiger Zeit auffiel, dass ich mich bei ihm nicht um einen Job bewarb, sondern er mich eingeladen hatte, um sein Coachinganliegen zu besprechen.

Das vierköpfige Leitungsteam, bei dem er den Vorsitz hat, besteht aus Kollegen, die erst seit kurzem im Unternehmen sind und von denen zwei die ersten Führungserfahrungen machen. Diese beiden hätten viele Fragen, wenn es um das Leiten von Mitarbeitern geht. Ein Kollege sei sehr festgefahren in seinem Denken und zeige sich unnachgiebig, wenn einer seiner Mitarbeiter mal einen ungewöhnlichen Lösungsweg wählen möchte. Mein Ansprechpartner selber sah es dazu noch als äußerst schwierig an, seine vielen Aufgaben und das Führen des Teams zeitlich unter einen Hut zu bekommen.

Für mich war schnell klar:

Es hakte in der Zusammenarbeit des Führungsteams, da die Niveaus und Erfahrungen so unterschiedlich waren. Gute Entschlüsse, die das Unternehmen nach vorne bringen und aus denen sich Geschäft generieren lässt, konnten daher kaum gefasst werden. Die Mitarbeiter, ihre Performance, ihre Sorgen und vor allem ihre Wertschätzung waren aus dem Fokus geraten. Auch die Kontrollfunktionen, die das Leitungsteam wahrnehmen soll, wurden nur unzureichend erfüllt.

Ob ich denn da Ideen hätte, wie sich das Team annähern, die Zusammenarbeit der vier besser greifen könnte und in welcher Atmosphäre dann auch kreative, gute Ideen geschaffen werden könnten, um das Geschäft für die Region weiter nach vorne zu treiben, wollte mein Ansprechpartner von mir wissen.

Klar hatte ich die. Doch nachdem ich gerade einmal zwei Vorschläge gemacht hatte und für die kreative Atmosphäre einen Tag des Brainstormings an einem Ort außerhalb des Unternehmens empfohlen hatte, sprang mein Ansprechpartner unverrichteter Dinge auf. Die Stunde ist ja schon vorbei, ein dringendes Meeting wartet auf ihn … Naja, dann, bitte ein detailliertes Angebot machen, wie ich mir eine Lösung vorstelle und das besprechen wir am Telefon, wenn er Zeit hat. Und hoffentlich kann er sich mich auch leisten …

Ich fuhr nach Hause, erstellte am nächsten Tag das gewünschte Angebot, das ich direkt per E-Mail übermittelte (es sollte ja schnell gehen). Eine Woche lang hörte ich nichts. Rief an, bekam keinen Rückruf. Eine weitere Woche vergang. Dann ein Anruf: Ja, gute Vorschläge, wir müssen nochmal detaillierter drüber reden, jedoch nicht jetzt, er wolle nur mal ein Lebenszeichen von sich geben. Spräche mit seinem Controller wegen des Preises. Melde sich in Kürze, es müsse in der Angelegenheit ja schnell was passieren, mit dem Team gehe es so nicht weiter, man müsse nun doch schnell zusammenwachsen.

Es vergehen Wochen. Ich bitte zwischendurch um Rückruf und vermute einfach, er hat noch andere Angebote eingeholt, die ihm eventuell besser gefallen. An einem Donnerstag dann tatsächlich wieder ein Anruf vom Ansprechpartner. Ja, er lebe noch, wolle sich einfach mal ganz kurz melden. Er sei noch dran an meinem Angebot, denn es ist ja wirklich gut. Jedoch, um nun so richtig anzufangen, dafür fehlt die Zeit. Die hat er aber dann nach den Sommerferien, er melde sich ... Und nein, es gäbe kein anderes Angebot, da die Chemie zwischen uns stimme und ich sehr gut erfasst hätte, wo man ansetzen, wo man verändern muss. Ihm fehle einfach die Zeit …

Die Zeit fehlte ihm jedoch offenbar auch nach den Sommerferien. Aus gut unterrichteten Kreisen höre ich, dass ihm das Team immer mehr entgleitet, schlimmer noch: ein wichtiges Teammitglied hat mittlerweile gekündigt, kann das Chaos nicht länger mitansehen. Die zwei Kollegen mit weniger Führungserfahrung tragen nun offen einen Konflikt miteinander aus. Das Leitungsteam bröckelt vor sich hin. Geschäftlich stagniert es in der Region. Der erhoffte kreative Impuls bleibt aus. Um neue Ideen zu kreieren fehlt eben einfach die Zeit.

Monate später eine E-Mail an mich: Nun sei doch mal langsam Zeit sich zusammenzusetzen, um über meine Vorschläge zu reden und diese dann in die Tat umzusetzen. Naja, nur eben nicht sofort. Er melde sich dann in Kürze wegen eines Termins.

Sie ahnen schon wie es weitergeht oder? Genau, dieser Termin hat sich bis heute nicht ergeben. Einen Missstand zu erkennen, heißt noch nicht, ihn auch zu beheben. Wer wirklich etwas verändern möchte, muss sich auch die Hilfe, die Wegbegleitung und vor allen Dingen die Zeit nehmen, es in die Tat umzusetzen. Der gute Wille allein reicht hier nicht aus. Führungskräfte, die sich durch schlechtes Zeitmanagement auszeichnen, setzen ein trauriges Beispiel für ihre Mitarbeiter und hindern sie daran eigenes, gutes Empfinden für Zeit zu entwickeln. Wer stets mit dem Faktor Zeit kämpft, setzt nicht nur Projekte vor die Wand, seine Mitarbeiter geraten auch völlig aus dem Fokus. Und Sie wissen ja: ein Unternehmen steht und fällt mit seinen Mitarbeitern.

Machen Sie es anders: Warten Sie nicht zu lange.
Ihre Sabine Herold

„Sehr positives Auftreten. Viele praktische Übungen und Hintergrundwissen.“

Trainings-Teilnehmer